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Auf dem Hornfelsen oberhalb von Grenzach hat Kantonsbaumeister Beat Aeberhard dem Journalisten Lukas Schmutz erläutert, wie die Stadt sich in den nächsten Jahrzehnten entwickeln kann und soll. (Juni 2023)

Ansicht

Weiterbauen, aus den Schichten der Stadtgeschichte




Das grosse Ganze. Hier sieht man es. Beat Aeberhard schaut vom Grenzacher Hornfelsen auf Basel. “Dieser Blick auf die Stadt erinnert mich an die Vogelperspektive, wie wir sie von Matthäus Merians Stichen kennen”, sagt der Kantonsbaumeister: “Wir sind nah an der Stadt dran, und zugleich überblicken wir sie ganz. Auch weil sie im Grunde ziemlich klein ist. Darum hat man diese unglaublich tolle Übersicht.”

Die Übersicht zu haben, das ist Aeberhards Job. Und dies in besonders bewegten Zeiten. “In den letzten zwei Jahrzehnten kam es zu einem Paradigmenwechsel,” sagt er: “Basel ist dank dem wirtschaftlichen Strukturwandel zu grossen Flächen für die weitere Entwicklung der Stadt gekommen. Dabei hat sie die dritte Dimension, das Bauen in die Höhe, entdeckt. Dieses Panorama zeigt etwa, was für ein ausserordentlicher, städtebaulicher Kraftakt der Roche-Cluster ist. Und die bemerkenswerte Perlenkette der Hochhäuser im Süden ist ein zweites deutliches Zeichen dieses epochalen Wandels. Er setzte um die Jahrtausendwende ein und wir sind nun mitten drin.”

Der Wandel steht für den Kantonsbaumeister unter einer grossen Überschrift: „Weiterbauen“, sagt Aeberhard, „darum geht‘s.“ Die Erklärung beginnt mit einem Blick zurück: „Ursula Koch, die Zürcher Baudirektorin, sagte 1988: ‘Die Stadt ist gebaut’. Das hiess: Aufhören in die Landschaft rauszubauen. Das Ausfransen der Städte stoppen. Stattdessen da bauen, wo schon gebaut ist.“ Einfacher Satz, grosse Bedeutung, die nur viel zu langsam ernst genommen worden sei: „Kochs Aussage war fast prophetisch, aber es hat die grosse Klimakrise gebraucht, bis wir als Gesellschaft wirklich merkten, wie wichtig er ist.” Gerade hier in Basel mit seinem begrenzten Stadtraum. Weiterbauen also.

Quartier-Identitäten
Mit dieser Linse zoomt Aeberhard in die Quartiere: „Die Heterogenität der Stadt ist ausserordentlich.” Das heisst: Die Stadt hat viele Gesichter. Aeberhards Beispiele folgen dem, was ihm vom Hornfelsen aus in die Augen springt: Da „die grossflächigen Genossenschaftssiedlungen“, dort „Areale mit Familiengärten“, im Zentrum „die wunderbar erhaltene Ziegeldächer-Landschaft der Altstadt mit dem Münster“, auch “die Hafenareale, so wie dieses unterhalb von uns in Birsfelden”, “die Blockrandbauten der Gründerzeit” und so weiter. Mit einer ausgreifenden Armbewegung weist er schliesslich auf „das Massive der Industrieareale am Stadtrand hin, Novartis, Kehrichtverbrennung, Thomy und Frank und“ - kleine Pause - „das Klybeck“.

So betont wie er „das Klybeck“ an den Schluss der Aufzählung setzt, ist klar, in Sachen Klybeck kommt dann noch was. Doch zunächst legt er grundsätzlich dar, was aus der Heterogenität der Stadt unter seiner Ägide werden soll: „In jedem Quartier muss das Weiterbauen dem Charakter des gewachsenen Quartiers verpflichtet bleiben.“ Das ist die städtebauliche Devise Aeberhards, denn “trotz der starken Veränderung gilt es, für die Menschen Heimat zu schaffen, oder besser, ihre Heimat zu erhalten, indem die unterschiedlichen Orte ihren Charakter im Prozess des Weiterbauens nicht verlieren.” Heimat. Nichts weniger. Quartier für Quartier. Das heisse konkret, dass die Planung von den Identitäten des Ortes ausgehe. Von der Materialität, also etwa vom Putz, der den Stadtraum mitpräge oder vom roten Sandstein. Vom Weiss der Häuser, den dunkleren Farben in der Altstadt und dass es in den Gründerzeitquartieren dann doch etwas bunter zugehen könne. Auch etwa mit dem Grün der Fensterläden, da, wo es Tradition hat. In solchen städtischen Bildern und ihrer Entwicklung ist für Aeberhard das zuhause, was er Heimat nennt: „Ja, Denkmalschutz in einem weiten Sinn. „Weil wir“, wie er lachend beifügt, „ja nicht Dubai bauen... oder Shanghai.“

Der Rhein - bestimmend für den Lauf der Dinge
Zurück zur Landschaft: „Der Rhein, der durch das Kraftwerk hier als gestaute Masse gelassen daliegt, phänomenal, wie er sich dann mit dieser präzisen Richtungsänderung am Rheinknie aus dem Hochrhein in die Oberrheinische Tiefebene ergiesst.” Aeberhard zeichnet mit seiner Hand den Flusslauf nach. Als hätte er einen Bleistift in der Hand. “Dieses S vom Prellhang hier am Hornfelsen zu jenem beim Münster und wie der Rhein dabei vom alpinen hügeligen Raum in die grosse Weite weiterzieht.” Eine leise Weile später: “Es ist ein unglaublich schöner, ja magischer Moment.“

Von da dann dies und das zur Bebauung der Stadt: „Der Bau der Mittleren Brücke gab der Entwicklung ab 1225 einen gewaltigen Schub, indem sie einen Übergang von unschätzbar grosser Tragweite geschaffen hat.” Oder, dass der Bischof die strategische Lage des Münsterfelsens einst präzis erkannt und genau da sein Machtzentrum aufgebaut habe: „Ich erzähle das, weil es auf das grosse städtebauliche Thema der Permanenz hinweist. Es gibt Orte auf dieser Welt, die permanent besiedelt worden sind, weil...  der Mensch wohl einfach spürt, dass das ein Ort ist, der strategisch von grosser Bedeutung ist oder eben vielleicht auch magisch.“ Gerne sagt Aeberhard, dass der Rhein die „Raison d‘être“ der Stadt sei. Auch jetzt sagt er das. Und mit diesem Wort bekommt Aeberhards Begriff des Weiterbauens sein eigentliches Fundament: Er steht auf Schichten, die - weit unterhalb von Ursula Kochs Diktum - bis ins Geologische der Topographie hinunterreichen.

Schlüssel-Quartier Klybeck
Übrigens: „Der Rhein bleibt in der Stadtlandschaft auch da erkennbar, wo man ihn nicht sieht: Exemplarisch von hier aus stehe dafür etwa das K-125, das ehemalige Laborgebäude der Ciba.” Aeberhard zeigt es. Blickrichtung Novartis. Das breite Hochhaus, in seinem unverwechselbaren Blaugrau. “Es steht längs am Rhein, Kleinbasler Seite, der breite Baukörper macht die Richtung des Flusslaufs präzise kenntlich. Da fliesst er unten durch.”

Und dann erzählt Aeberhard von der Bedeutung des Gebäudes am Rhein. Erbaut in den 1960er-Jahren. Von Suter & Suter, den Ciba-Hausarchitekten. “Und das K der Gebäudebezeichnung K-125 steht für Klybeck, damals das Firmenareal der Ciba.“ So, nun sind wir da, wo der Kantonsbaumeister in Gedanken schon war, als er den Quartiernamen „das Klybeck“ vorher so sorgfältig betonte. „Das Gebäude markiert den Beginn des letzten Wachstumsschubs in der Entwicklung dieses Industrieareals. Und jetzt, wo dessen sehr viel längere Geschichte dieses alten Typs von Industrie zu Ende gegangen ist, liegt das Gebiet als Transformationsareal vor uns.” Und ist als solches zum wohl wichtigsten, sicher grössten Areal des Weiterbauens geworden.

Zunächst verweise das K-125 darauf, dass Weiterbauen auch eine starke Bedeutung im Blick auf Einzelbauten habe. Gebäude erhalten sei doppelt wichtig: Ökologisch fast schon ein Muss, weil in jedem einzelnen so viel graue Energie drin stecke, dass Abriss ohne Wiederverwendung des Materials problematisch sei. Und dann eben auch, weil jedes erhaltene Gebäude die Geschichte des Orts lebendig halte. Die Heimat. Aeberhard lehnt sich für eine Weile an den Zaun, der Spaziergängerinnen und Spaziergänger auf dem Hornfelsen vor Abstürzen sichert. Die Stadt nun im Rücken, erläutert er, was dieser Bau für Basel bedeutet: Mit dem K-125 sei ein bisschen von der New Yorker Hochhaus-Moderne nach Basel gekommen. Es habe etwas vom UNO-Hauptsitz, vom East River hübsch verkleinert als Ciba-Labor an den Rhein gesetzt. Dennoch: Für eine gute Weile Basels Hochhaus par excellence. 75 Meter hoch, moderne Formensprache, gut gemachtes Interieur. Und typisch baslerisch eben auch durch das Aufnehmen von wichtigen internationalen Trends. Kurzum: “Diesen spannenden Zeugen seiner Zeit für die Zukunft fit zu machen, das ist nicht nur wichtig, sondern eine super Aufgabe“, findet er. Eine Mehrfach-Nutzung könne er sich gut vorstellen, vielleicht eine interessante Dachbespielung dazu und das exquisite Erdgeschoss schliesslich verwoben mit der öffentlich bespielten Umgebung, die da entsteht.

Mit  “verwoben” ist Aeberhard in seinem Weiterbau-Programm vom Einzelbau schon wieder in die Umgebung hinausgetreten.“ Dieses Erdgeschoss soll ja auch Teil einer Esplanade werden.“ Esplanade ist ein Schlüsselteil in Aeberhards Weiterbauprogramm im Klybeck. Denn da wird planerisch Neuland erkundet. Das mag er: „In einem Raster mit vielen Bäumen und Grün wollen wir, dass private Gebäude und öffentlicher Raum aufeinandertreffen und sich auch die Nutzungen mischen. Eigentlich wie in der Altstadt, wo der öffentliche Raum unmittelbar auf die privaten Häuser stösst.” Doch: Wie geht das, dass der öffentliche Freiraum vom Rhein aus die ganze Tiefe bis zur Klybeckstrasse durchdringen kann? Wie sehen die Erdgeschossnutzungen aus, damit das Verweben funktioniert? Wie kriegt man dies gleichzeitig auf die Reihe mit der Entsiegelung der Böden, mit neuen Wohnformen, mit einem autoarmen Verkehrskonzept und zugleich gewaltigen Infrastruktur-Entwicklungen? Das sind Brennpunkte im Aeberhardschen Hirnen mit den Planenden, Besitzenden, Bevölkerung. Mit der Politik. Und einer durch alle Altersklassen vifen Architekturszene.

Risiken: Blockaden durch extreme Forderungen
Vieles ist noch offen. Logisch, wir reden ja über Zukunft. Noch immer lehnt Aeberhard rückwärts an den Zaun und blickt bei der Frage, wo in der Entwicklung er die Risiken sehe, auf einen zeitlichen Horizont bis 2050: „Ich glaube, wir sind insgesamt nicht schlecht aufgestellt. Manches ist bereits auf Kurs, anderes gut aufgegleist. Die Transformationsareale sind wirklich eine riesige Chance für die Stadt. Der Zeitpunkt ist ideal, gerade auch weil das Klima- und das Biodiversitätsthema so drängen. Ich sage das nicht, weil ich grundsätzlich ein Optimist bin. Es gibt auch unglaublich viel Know-how in der Stadt. Der Begriff Architekturstadt hat seine Berechtigung auch aus dieser Warte.“ Dennoch bleiben Sorgen. Zunächst Weltpolitik. Er sagt: „Migration und Krieg, Corona und die Klimakrise können schnell durchschlagen und die Zuversicht und das Wachstum abwürgen. Wir leben in unberechenbaren Zeiten.“ Und dann näher: „Im Ringen um die Entwicklung der Transformationsareale gibt es harte, polarisierte Kämpfe um die Deutungshoheit: Wer bestimmt? Und dadurch laufen wir Gefahr, dass Dinge - wie zuletzt beim Wohnen - nur noch allzu einseitig betrachtet werden und wir folglich die Gesamtsicht auf die Entwicklungen verlieren.“ Auch denke die Politik zu sehr in Legislaturperioden. Dadurch entstehe viel Reibungsverlust mit den langen Planungshorizonten des Städtebaus. Die Prioritäten würden oft zu kurzfristig angesetzt. Schliesslich: „Der Gesetzesrahmen ist eng, vielleicht auch nur die Auslegung. Da wünsche ich mir, dass wir womöglich Vereinfachungen finden und dass Spielräume etwas konstruktiver genutzt würden“... Und er in alldem: Wie sieht er in diesem Ringen auf so vielen Ebenen seine eigene Rolle? „Städtebau ist Mannschaftssport und Ausdauersport zugleich. Er braucht einfach seine Zeit. Mein Anspruch ist es, einen Teil auf der langen Strecke der Stadtentwicklung mitzugestalten, dabei Dinge zu initiieren, Debatten zu provozieren und die Entwicklung zur Diskussion zu stellen, um sie lösungsorientiert voranzubringen. Da gehe ich voran.“

Zurück zur Aussicht. Zum Stadtpanorama. Nochmals Wechsel von der normalen zur Sonnenbrille. “Man sieht von hier aus sehr gut, dass in den grossen Industrie- und Werkarealen hohe Gebäude dazugehören. Ein Stadthorizont von bis zu 40 Metern Höhe existiert dort bereits. An diesem soll weitergearbeitet werden.“ Auch mit weiteren Hochhäusern. Neuen. In den Industriearealen gehöre diese Art von Dichte zum Charakter des Ortes. In der direkten Nachbarschaft des K-125 werden die neuen Hochhäuser etwas tiefer sein als der blaugraue Vorfahre. Doch im weiteren Umfeld am Klybeckplatz punktuell auch höher bis hinauf an die Hundertmeter-Marke. Und insgesamt wird eine im Panorama wie von hier deutlich erkennbare Hochhaus-Gruppe entstehen, ein Cluster.

Subzentren und Hochhaus-Cluster
Und damit ist Aeberhard bei der Aussicht auf die Stadt, so wie sie in 25 Jahren aussehen könnte. “Der Kern der Entwicklungen ist, dass wie im Klybeck auch an anderen Orten städtische Subzentren entstehen. Diese werden durch Cluster in der Stadtsilhouette unter Umständen deutlich erkennbar sein.” Nicht alle. Das Areal beim Güterbahnhof Wolf etwa typischerweise nicht. Doch nebst dem Klybeck auch das Dreispitz Nord, der Messeplatz und auch die Areale um die beiden grossen Bahnhöfe. Aeberhard ist überzeugt, dass die Clusterbildung dem Panorama gut tut. „Die Hochhaus-Cluster mindern die auffällige Einzelform eines Hochhauses. Als Einzelbauten wirken Hochhäuser oft etwas verirrt. Das heisst im Umkehrschluss aber nicht, dass nicht auch jeder Einzelbau stimmig sein muss.” (Wie in Klammern fügt er bei, dass er finde, der Messeturm etwa sei eine so überzeugende Einzelform, die bis heute nicht gealtert dastehe. Auch solo.) “Aber dennoch“ führt er aus, „gibt es der Ansicht von Hochhäusern oft eine vorteilhafte Anmutung, wenn das einzelne Hochhaus in einem Ensemble aufgeht. Gleiche Grammatik, aber doch variiert, durch eine eigene Lyrik vielleicht. Auch der Roche-Cluster dürfte durch einen dritten Turm noch besser werden.”

So geht Weiterbauen aus den Identitäten der Quartiere in die dritte Dimension. Im nochmaligen Blick aufs Ganze sagt Aeberhard, die neuen Stadtteile würden aus ihren je eigenen Quartieridentitäten entwickelt, aber strukturell zu starken städtischen Polen mit gegenüber heute sehr viel differenzierteren, durchmischten Nutzungen werden: „Indem Wohnen, Arbeit und Freizeit stark gemischt sind, werden die Quartiere ihre gewachsene Quartier-Identität behalten und der Stadt dennoch neue Identitäten vermitteln.” Ein grosses Ganzes aus kleineren Ganzen vielleicht. Erkennbar - etwa vom Hornfelsen aus - an einem Cluster-Panorama am Rhein.
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Interview

«Es braucht ein offenes Klima von allen»


Basel führt im Herbst Dialogtage über den Städtebau durch. Warum braucht es die?

BA: Diese braucht es, weil Städtebau alle angeht. Stadtplanung ist hochpolitisch und mir scheint es geradezu zwingend, dass wir einen breiten baukulturellen Dialog zwischen Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit pflegen.

Was unterscheidet diese Dialogtage von angestammten anderen Partizipationsverfahren?
BA: Die Dialogtage sind nicht auf ein konkretes Einzelvorhaben fokussiert, sondern eine Einladung an die interessierte Bevölkerung, an die Fachwelt, an die Politik und auch an direkt eingeladene Gruppen wie etwa den Jungen Rat, sich einzubringen. Ihnen bieten wir eine Plattform, um einzubringen, was sie immer schon zum Thema Stadtplanung sagen wollten.

Sie haben viele Dialogthemen mit Partnern ausgearbeitet: Welche Programmpunkte finden Sie besonders spannend und wichtig?
BA: Alles, was Weiterbauen betrifft, finde ich gegenwärtig besonders wichtig. Auch die Fragestellung: «Wo verhindert Baurecht Baukultur?» beschäftigt mich. Weiter auch das grosse Thema «Was bedeutet der Krieg in Europa für Basel?» und die Fragestellungen zum Grenzraum. Schliesslich ist die Frage «Welche kleinen Dinge bewirken Grosses?» ein Thema, das mich umtreibt, gerade im Hinblick auf einen verhältnismässigen Einsatz der vorhandenen Mittel.

Welche Rolle haben Sie als Kantonsbaumeister in der Entwicklung der Tage gespielt und welche Rolle spielen Sie an den Tagen selbst?
BA: Am Anfang stand für mich die Erkenntnis, dass wir alle unterschiedlichen, parallel laufenden Planungen wieder in ein grosses Ganzes bringen müssen. Wir brauchen eine Gesamtperspektive. Dafür habe ich 2018 eine städtebauliche Begleitgruppe berufen. Sie unterstützt uns. Mit ihr haben wir das Forum Städtebau Basel 2050 initiiert, das eine Ausstellung und eine Veranstaltungsreihe im S AM Schweizerisches Architekturmuseum realisiert hat. Daraus sind die sechs eingängigen Positionen entstanden, die wir als Grundlage für die Dialoge ansehen und nun vertiefen und verfeinern wollen. Zu meiner Rolle: Ich verstehe mich – zusammen mit unseren Kooperationspartnerinnen Immobilien Basel-Stadt und Kantons- und Stadtentwicklung – als Gastgeber.

Was muss an diesen Dialogtagen passieren, damit sie eine Wirkung haben?
BA: Es braucht ein offenes Klima aller Beteiligten. Dann kann man auch Themen diskutieren, die vielleicht schmerzhaft oder unangenehm sind. Und die Hoffnung ist natürlich, dass dank der Themensetzung relevante
Diskussionen entstehen werden, die für die Entwicklung dieser Stadt von Bedeutung sind.

Inwiefern ist das ein Anlass für die Öffentlichkeit?
BA: Das ist der Anspruch. Es ist eine ernst gemeinte Einladung an die breite Bevölkerung zum Dialog. Eine Aufforderung dazu sogar. Ich hoffe, dass das auch verstanden wird. Denn es ist ein neues Format. Kolleginnen und Kollegen aus anderen Städten schauen genau hin, ob das Experiment funktioniert.

Was erwarten Sie für sich persönlich?
BA: Ich hoffe, dass das Angebot zum Dialog angenommen wird. Und ich erwarte schon auch den einen oder anderen Überraschungsmoment.

Und was erwarten Sie von der Verwaltung, zu der Sie ja selbst gehören, und von der Regierung im Umgang dann mit den Ergebnissen?
BA: Ich erwarte Offenheit, erst einmal im Sinne von Zuhören, die Leute und ihre Anliegen ernst nehmen. Das ist die Voraussetzung. Und dann: Dass wir aufgrund der Erkenntnisse aus den Dialogtagen wirklich kritisch
reflektieren, ob wir die Prioritäten richtig gesetzt haben oder ob und wie wir sie justieren müssen. Toll fände ich, wenn die Regierung sich auch darauf einliesse. Drei Vertreterinnen und Vertreter des Regierungsrats werden an der Eröffnung und beim Abschluss der Dialogtage 2023 teilnehmen.

In der Einladung zu den Tagen ist viel vom Begriff Baukultur die Rede. In einem Satz: Was heisst Baukultur für Sie?
BA: Baukultur ist die Pflege, die Erhaltung und Weiterentwicklung der gebauten Umwelt. Sie umfasst in einem ganzheitlichen Sinn auch die Zwischenräume, den öffentlichen Raum. Dabei geht es nicht nur um historische Denkmäler, wie oft fälschlicherweise verstanden, sondern um die ganze gebaute kulturelle Identität einer Stadt.

Ein zweiter Begriff kommt in diesem Programm mit Wunsch-Stadt vor: Was assoziieren Sie damit?
BA: Ich wünsche mir, dass die Menschen ihre Stadt als Heimat begreifen, dass sie sich identifizieren mit diesem Ort. Dass das Quartier, die Nachbarschaft oder die Stadt sie emotional berührt und auch motiviert, an deren Weiterentwicklung mitarbeiten zu wollen. Letztlich geht es um Wohlbefinden und Lebensqualität.